log
Gab es nichts zu lernen in den letzten zwei Monaten?
Doch, na klar. Aber wenig davon drängte sich zur Veröffentlichtung auf. Bin ja nicht masochistisch veranlagt. Und Zeit hatte habe ich auch keine.
Andererseits wird es - gerade mit Abstand - durchaus interessant, in den alten Aufzeichnungen zu lesen. Von daher soll die Baustelle noch längst nicht aufgegeben werden. Die Zukunft liegt vor ihr: Ab Mitte August gilt es, Schulanfänger durch die ersten Jahre zu begleiten.
Kleines Intermezzo aus der jüngsten Zeit: Leonard hat seit Monaten eine so genannte Integrationskraft an seiner Seite. Die ehrenamtlich tätige Frau soll ihm, einem Kind mit amtlich bescheinigtem sonderpädagogischem Förderbedarf, unterstützen. Ich kenne den Jungen seit der Einschulung und weiß, dass er mit seinen Bedürfnissen bisweilen unterzugehen droht.
Seitdem die Integrationskraft da ist, hat sich die Situation in meinen (isolierten Fach-)Stunden aber eher verschlechtert. Vielleicht fühlt er sich bedrängt. Zudem liegt ebenso latent wie unausgesprochen in der Luft, dass wir anwesenden Erwachsenen irgendetwas Positives bewirken zu müssen. Oft führt gerade das zur totalen Blockade. Leonard macht gar nichts mehr.
Am Mittwoch war ich mit der Klasse und mit Leonard allein. Es sollten bestimmte Seiten im Arbeitsheft erledigt werden. Leonard - darauf machten mich Sitznachbarn schnell aufmerksam - bearbeitete welche, die noch nicht 'dran' waren. Die aber erledigte er sachgerecht. Ich ließ ihn, mehr der Not gehorchend als meinen theoretischen Kenntnissen von der Kraft der Selbstbestimmung. Irgendwann wandte sich Leonard auch den Dingen zu, die die anderen gerade bearbeiteten.
So viel wie an diesem Mittwoch hat er bei mir seit Monaten nicht mehr geschafft.
girl scout - 11. Jun, 23:24
...außer dem alltäglichen Strampeln.
Jetzt, in der letzten Woche vor den Ferien, scheint etwas Entspannung allerorten spürbar. Es wird gebastelt, mal nach draußen gegangen (endlich Frühling), die letzten Tests und Arbeiten wollen durch Gesang und Bewegung ausgeglichen werden.
Die Erstklässler sind in Englisch bei den numbers angelangt. Kennen sie. Längst schon. Wenn es was abzuzählen gibt, fallen sie ohne falsche Hemmungen ein in den gemeinsamen Chor: One, two, three, four... Wow - denkt die Englisch-Lehrerin... nur kurz. Denn schon das Rückwärtszählen sorgt für enorme Stockungen.
Einzelne Zahlen - aus ihrem natürlichen Kontext herausgerissen - sind eine Herausforderung. Hochkonzentriert wird die automatisierte Reihe abgezählt, one, two, three, four... - und nicht immer stimmen Ziel- und Haltepunkt überein.
Wieder was gelernt.
girl scout - 1. Apr, 22:44
Erstmals Musik-AG mit Zweit- und Drittklässlern: Was machen wir? Die Einladung ist relativ offen gestaltet. Singen, tanzen, Instrumente spielen. Vielleicht führen wir am Ende ein Stück mit Musik auf, ein Mini-Musical möglicherweise.
Es ist meine erste AG. Was mache ich?? Die drängendste Frage im Vorfeld.
Viele einschlägige Bücher, Zeitschriften, Internet-Links lagern seit Wochen im Arbeitszimmer und auf dem Computer-Schreibtisch. Kurz vor dem ersten Treffen entsteht ein Ablaufplan, der von allem ein bisschen enthält: Erwartungen und Wünsche abfragen. Singen, bewegen (noch nicht tanzen), Instrumente spielen.
So machen wir es. Viele Mädchen wollen tanzen, die vier Jungen eher nicht. Zumindest nicht offen bekannt. Mädchen und Jungen eint, dass sie "auf Instrumenten spielen wollen". Und weil es unser erstes Treffen und ein freiwilliges Angebot ist, lassen sich wohl alle ein auf das, was ich vorbereitet habe. Manche anfangs etwas komisch berührt. Beim Singen zum Beispiel. Aber da hilft dann einfach - - singen. So gut wie es geht. Und dann steckt es irgendwie an, und fast alle machen mit, oder hören und nehmen auf, was hier passiert.
Ich lerne: ein bisschen Dirigieren, eine ganz simple Partitur zu lesen und Zuversicht, beim nächsten Mal mehr aus der Hand geben zu können. Und weiterzusingen, auch wenn es manche komisch berührt.
girl scout - 18. Feb, 22:55
Vierte Englischstunde im Leben meiner Erstklässler: Wir können inzwischen gemeinsam "What's your name?" und "It's so easy to say goodbye" singen, der Reim von den beiden Blackbirds klappt auch ganz gut ("Hello Peter! ... Goodbye Paul!") und nun sieht das Lehrwerk die Farben vor. Der Plan im Handbuch ist ausgklügelt: Im Beutel der Känguru-Handpuppe stecken Farbkarten, die Kinder entdecken und holen sie nach und nach heraus, dabei semantisieren sie ganz natürlich die englischen Farbnamen, legen das Material in den Kreis, hören ein Farblied, deuten auf die passenden Karten, zeigen favourite colours (noch was Neues...) und spielen "What's missing?" Puuh...
Meine Handpuppe ist Betty und kein Känguru, also habe ich ihr einen Rucksack verpasst. Die Farbkarten stecken dort drin.
Dass ich nicht wirklich in der Lage bin, eine Puppe zu führen, gleichzeitig deren Rucksack ausräumen zu lassen und dabei noch im Kopf zu behalten, wer gerade handelt und spricht - Betty oder Mrs Teacher, merke ich allerdings erst, als es zu spät ist. Und dann ist kein Platz im Kreis für all die Farbkarten, und die munteren Kinder reagieren auf noch und noch und noch eine Aktion nicht als willige Statisten, sondern als kommunikations- und bewegungsfreudige kleine Witzbolde. Irgendwie haue ich mein Feuerwerk aus Material und Methoden in diesen 45 Minuten raus, und wahrscheinlich war's sogar irgendwie lustig und ein bisschen lehrreich. Aber nicht der Wiederholung wert...
Nächste Stunde, nächste Klasse, Plan B: Kein Kreis (ist schon viel zu spät), von den Plätzen aus lässt sich auch mal singen und reimen. Außerdem kann man jetzt wunderbar mit Betty durch die Reihen wandern und jedes Kind eine Farbkarte aus dem Rucksack ziehen lassen. Spontan dirigieren wir irgendwann einen Farben-Chor (Kinder halten Karten und rufen die Farbe, auf die gezeigt wurde), mein Entspannungs-Joker, der in der Plan-A-Stunde völlig untergegangen ist, kommt zum Einsatz. Okay - niemals wollte ich Mandalas anmalen lassen, aber diese hier, die werden ja sinnstiftend mit favourite colours dekoriert! Tom mag nicht, er "muss an was anderes denken", und auch das ist in Ordnung. Zum Abschluss geht's bei it's so easy to jump up high noch mal fröhlich rund. Viele Goodbyes sind auf dem Flur zu hören, als sie nach Hause gehen.
Thank god, it's Friday.
girl scout - 13. Feb, 15:52
Premierentag - zweimal Englisch in der ersten Klasse.
Erste Eindrücke: Sie scheinen tatsächlich offener als die Kinder im dritten Schuljahr. Es gab kurze Irritationen, dass die Lehrerin vorwiegend Englisch sprach. Das ja. Aber dann ließen sie sich drauf ein, erklärten meiner Handpuppe Betty, wie sie heißen (die Zaghaften sagten "Name" statt "näim", aber alle sagten was - ohne allzu sehr gedrängt zu werden), und manche brabbelten weiter, in einem englisch-artigen Kauderwelsch, das ein paar Elemente der heutigen Stunde enthielt.
Great!
Auch wenn ich heute wieder von 8 bis - na, sagen wir mal - 22.30 Uhr für die Schule gearbeitet habe, immerhin unterbrochen von zwei Stunden Chorprobe und der Zubereitung von Fast Food zum Mittagessen.
girl scout - 3. Feb, 23:35
Eigentlich nichts Neues, aber jetzt auch amtlich am ersten Tag als unbefristet angestellte Lehrerin:
Habe, unterbrochen von Esspausen, einem 56-Minuten-Lauf und einigen Kinderfahrdiensten, von 8 Uhr morgens bis 23 Uhr abends für die Schule gearbeitet. Brauche sehr viel Zeit für die Vor- und Nachbereitungen und habe dennoch das Gefühl, viel zu wenig geschafft zu haben.
Lernziele: Schneller werden. Effizienter arbeiten. Ökonomischer planen. Leicht gesagt, schwer getan.
girl scout - 2. Feb, 23:10